Usbekistans Geschichte


Einen Abriß der Geschichte des Gebietes des heutigen Usbekistan zu schreiben ist ein recht kompliziertes Unterfangen. Erstens reicht die Geschichte über 3000 Jahre zurück - Ur- und Frühgeschichte noch nicht einbezogen - und zweitens haben viele der Nomadenvölker, die die Geschichte der Region bestimmten, keine schriftlichen Quellen hinterlassen. Hinzu kommt, daß der Raum des heutigen Mittelasien in früheren Jahrhunderten keineswegs so übersichtlich in Staaten eingeteilt war wie heute und Herrschaftsgebiete ständig ihre Grenzen änderten. Das Rundmuster der geschichtlichen Entwicklung ist allerdings einfach und bis heute gültig: die entstandenen Großreiche wurden immer durch kleine, schlagkräftige Völker zerstört. Nomadenvölker machten der seßhaften Bevölkerung das Leben schwer - aus der unendlichen mongolisch-sibirischen Steppe drängen immer neue Völkerschaften nach Mittelasien.
Vier mächtige Invasoren haben im Laufe der Jahrhunderte das kulturelle Bild des heutigen Usbekistan geprägt: die Griechen, die Araber, die Mongolen und die Russen.
Die ersten Funde des Homo sapiens stammen aus dem Jungpaläolithikum, also aus einer Zeit vor ungefähr 25 000 Jahren. Zeugen der frühen Geschichte der Region sind die zahlreichen Höhlenzeichungen im Serafshangebirge. Um 700 vor Christus formieren sich die ersten Völkerschaften, zu denen die Baktrier, Sogden, die Massageten und Saken gehörten. Von den Saken sind Bestattungsriten bekannt, und ihre Waffen wecken bis heute Bewunderung. Das erste große Reich jedoch ist das Achämenidenreich, das von Kyros II. gegründet wurde. Kyros entstammte der altpersischen Achämenidendynastie, die nach ihrem Begründer Aehaimenes benannt wurde. Kyros schüttelte die Meder ab, denen er bis dahin tributpflichtig war und eroberte nach Kleinasien auch Mittelasien mit grausamen Methoden. Die meisten Stämme unterwarfen sich ihm sofort, nur die Massageten mit ihrer Königin Tomyris waren nicht bereit, sich zu unterwerfen.
Anfang August des Jahres 530 vor Christus soll die tragische Begegnung von Kyros und Tomyris stattgefunden haben, ein Chronist schreibt: Nachdem Kyros Asien unterworfen hat, und der ganze Osten sich seiner Macht beugte, begann er den Kampf gegen die Massageten. Königin der Massageten war damals Tomyris. Sie fürchtete nicht, wie man es von einer Frau erwartet hätte, den feindlichen Überfall. Obwohl Tomyris das Übersetzen des Feindes über den Oxus hätte verhindern können, ließ sie die Perser den Fluß überqueren, rechnend daß sie innerhalb der Grenzen ihres eigenen Landes gegen den Feind besser kämpfen könne, und daß so auch den Persern der Fluchtweg abgeschnitten sei.
Kyros schlug, nachdem er den Fluß überquert und ein Stück in das Land der Massageten eingedrungen war, die Zelte auf. Am folgenden Tag täuschte er nach der ersten Begegnung eine Flucht vor. Im Lager aber hatte er Wein und alles für ein Gelage Nötige zurückgelassen. Als man davon Tomyris berichtete, schickte sie ihren Sohn, fast noch einen Jüngling, mit einem Drittel ihrer Streitmacht, um den Feind zu verfolgen. Der in Kriegsdingen noch recht unerfahrene Sohn der Königin zog in das verlassene Lager ein, vergaß den Feind und erlaubte seinen, den Weingenuß nicht gewohnten Barbaren, zu zechen. Das maßlose Trinken aber besiegte die Soldaten noch eher als die Waffen. Nachdem Kyros dies erfahren hatte, kehrte er nachts zurück, überfiel die betrunkenen Massageten und tötete alle, einschließlich Tomyris' Sohn. Die Königin vergoß ob des Verlustes keine Träne, sondern suchte Trost in der Rache und antwortete mit ebensolcher Hinterlist. Sie wandte sich zur Flucht und lockte den Feind in eine Schlucht. Dort vernichteten die Massageten zwei hunderttausend Perser zusammen mit ihrem König. Noch nicht einmal ein Augenzeuge blieb übrig, der die Nachricht von dieser schrecklichen Niederlage an den Hof der Achämeniden hätte bringen können. Tomyris befahl, das abgeschlagene Hauptdes Kyros in einen mit Menschenblut gefüllten Burdjuk (Fellsack) zu werfen und soll ihm gesagt haben: »Vollsaufen kannst du dich jetzt mit Blut, nach dem du stets gedürstet und von dem du nie genug bekamst.
Herodot berichtet noch weitere Einzelheiten, stellt manches auch anders dar. So soll Kyros zunächst um Tomyris' Hand angehalten haben. Aber die Königin argwöhnte, daß es ihm nicht um sie, sondern um die Macht über die Massageten ging, und wies Kyros zurück. Über den Kampf selbst schreibt Herodot: »Diese Schlacht war die weitaus blutigste von allen, an denen jemals Barbaren beteiligt waren. Zu Anfang beschossen sich die beiden Heere auf große Entfernung mit Pfeil und Bogen. Dann, als die Pfeile verschossen waren, kam es zum Handgemenge, und man tötete sich mit Lanzen und Schwertern. Lange Zeit standen die beiden Heere einander gegenüber, aber keines wich zurück oder wandte sich zur Flucht. Schließlich siegten die Massageten. Die meisten Soldaten der Perser fielen in der Schlacht, auch Kyros wurde erschlagen. Er war neunundzwanzig Jahre lang König gewesen.
Durch den Sieg des mittelasiatischen Nomadenvolkes über Kyros II. wurde der Eroberungsdrang der Achämiden zunächst gestoppt. Doch schon unter Dareios I. (522-486 vor Christus) entstand ein Riesenreich: vom Indus bis nach Makedonien, vom Nil bis zum Jaxartes. Das Imperium wurde in zwanzig sogenannte Satra-pien, Vizekönigreiche, die tributpflichtig waren, gegliedert. Auch wenn die zu zahlenden Tribute sehr hoch waren, brachte diese Zeit einen ersten großen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung nach Mittelasien. Ein Straßennetz, das die einzelnen Salrapien verband, wurde angelegt und ein einheitliches Münzsystem geschaffen.
Wegen der riesigen Ausdehnung und der Ambitionen der Vizekönige war der Achämenidenstaat ein recht labiles Gebilde. Der junge Alexander trug seit 331 vor Christus die Krone der persischen Achämeniden und hatte sich sofort gegen Widersacher zu wehren. Besonders der Salrap (Vizekönig) von Baktrien, jenem Reich, das vom Hindukusch bis nach Fergana und von der Murgaboase bis zum Pamir reichte, war widerspenstig und wollte unabhängig werden. Alexander, inzwischen kampferprobt, überquerte im Mai 329 vor Christus den Hindukusch mit 32 000 Mann und eroberte die baktrische Hauptstadt. Der Satrap wurde gefangen genommen, es wurden ihm Ohren und Nase abgeschnitten und er wurde hingerichtet. Alexander zog weiter, jetzt wollte er auch die sogdische Hauptstadt Mara-kanda. das heutige Samarkand, erobern. Er unterwarf auch Sogdien. Die Versuche der ansässigen Völker, sich zu widersetzen scheiterten. Mit zweiundreißig Jahren war Alexander Herrscher über ein Weltreich, das vom Mittelmeer bis zum Indischen Ozean und vom Nil bis zum Jaxartes reichte. Nach seinem Tod 323 vor Christus entbrannte der Streit um die Nachfolge. Die Griechen beherrschten die Region noch rund siebzig Jahre lang. Dann begannen die Parther, ursprünglich ein Reitervolk, Transoxanien zu erobern. Baktrien jedoch konnte zu einem unabhängigen, allerdings griechisch beeinflußien Staat werden. Erst um 130 vor Christus, als die Yüe-tschi, ein Nomadenvolk aus China, längst in Mittelasien eingedrungen waren, endete die Zeit des griechisch-baktrischen Reichs.


Invasoren aus der Steppe

Ursprünglich kamen die Yüe-tschi aus Gansu und waren, als Gansu und Nordchina von den Hunnen angegriffen worden war - es ging um Weidegründe für das Vieh -, durch Kaschgar und Fergana nach Westen gedrängt worden. Sie besetzten Sogdien und Baktrien und vernichteten beinahe auch Parthien. Das Phänomen der Yüe-tschi zeigt eine Besonderheit dieser riesigen Steppe: Eine kleine Veränderung am Randgebiet setzte riesige Völkerwanderungen in Gang und führte zu völlig neuen Konstellationen. Fünf Yüe-tschi Familien teilten Baktrien unter sich auf, eine von ihnen bildet um Christi Geburt die Kuschan-Dynastie, ein mächtiges Herrscherhaus, das über Transoxanien, Afghanistan und Choresmien herrschte. Viele Fragen über die Kuschan-Dynastie sind bis heute offen, fest steht jedoch, daß unter Kanischka I. das Kuschanreich zu einer Weltmacht wird. Zu dieser Zeit kommt auch der Buddhismus nach Mittelasien, buddhistische Klöster entstanden, und Mönche warben um Anhänger. Letztlich führten die nationale Vielfalt und die große Ausdehnung des Reiches zum Niedergang der Kuschan.


Die Weißen Hunnen

Nach dem Niedergang des Kuschanreiches im dritten Jahrhundert wurden Sogdien und Baktrien wieder persische Provinzen des Sassaniden-Reiches, dass im Westen des Iran entstanden war und nach Sassan, dem Priester eines Feuertempels, benannt wurde. Aber schon nach 150 Jahren drang ein neues Volk in die östlichen Provinzen ein: die Weißen Hunnen. Die Völkerwanderung begann in den weiten Wüsten- und Steppenregionen Innerasiens durch den Zerfall und die Neubildung von Steppenreichen. Hier lebten Hirten und Jäger. Klima und Boden waren für Ackerbau ungeeignet, dafür boten endlose Grassteppen einige Monate im Jahr ausgezeichnete Weidegründe. Im Winter, wenn das Vieh kaum noch Futter fand und Seuchen den Herdenbestand verminderten, veranlassten Hungersnöte die einzelnen Stämme zu Raubzügen. Man verbündete sich, um stärker zu sein. So setzte sich irgendwann eine ungeheuer große Reitermasse in Bewegung, vertrieb auf ihrem Zug verschiedene andere Steppenvölker, die ihrerseits auf der Suche nach neuem Weideland, schwächere Hirtenstämme bekämpften. Höchst anziehend für diese Nomaden waren stets die großen Kulturreiche mit ihrem intensiv betriebenen Ackerbau, ihren reichen Städten, mit ihrer handwerklichen Produktion und hochentwickelten Kultur. So bestimmte ein fast ununterbrochener Strom nach Westen ziehender Reitervölker ein volles Jahrtausend lang die Geschicke Mittelasiens. Die Weißen Hunnen, oder Hephtali-ten, hatten ihre Heimat wohl in der Nähe von Turfan. Vielleicht sind sie den Ostiranern zuzurechnen, ihre Abstammung ist aber nicht mit Sicherheit nachzuweisen, da ihre Kultur auch viele türkische Elemente enthält. Zeitgenössische Autoren berichten, daß es im Reich der Weißen Hunnen keine Städte gab, sondern die Menschen in Filzjurten lebten, sie also Halbnomaden waren. Jeden Morgen beteten sie zu ihren Göttern. Mit Verwunderung berichteten die Chinesen über die Vielmännerei der hephtalitischen Frauen. In späteren Aufzeichnungen liest man, daß die Hephtaliten zwischen Buchara und Samarkand von den Sogden nicht mehr zu unterscheiden waren - die wohlhabenden Städte auf der Seidenstraße hatten die Hephtaliten assimiliert. Seit 457 besaßen die Hephtaliten große Teile des Sassanidenreiches. Sie kontrollierten die Wüsten und Steppen vom Syrdarja bis zum Aralsee und auch Ost-turkestan mit Turfan und Kaschgar konnte erobert werden. Innerhalb von fünfzig Jahren stiegen die Weißen Hunnen zu einer Großmacht auf, eroberten Kabul und fielen in Indien ein. Für kurze Zeit schufen sie ein Reich, das noch größer als das Kuschanreich war. In der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts verschwanden sie plötzlich aus der Geschichtsschreibung. Denn aus den nördlichen Steppen war mit den Türken, deren Heimat ursprünglich die Mongolei und das östliche Sibirien war, ein ernsthafter Gegner herangewachsen. Gemeinsam mit den persischen Sassaniden überfielen sie die Weißen Hunnen und vernichteten sie. Perser und Türken teilten sich den Besitz. Die Türken bekamen Sogdien, die Sassaniden Baktrien. Allerdings war die Vereinbarung nur von kurzer Dauer, denn unverzüglich drangen die Türken auch in Baktrien ein.


Die arabischen Eroberungen

622 war das Jahr der Hedschra - als Mohammed mit seinen Getreuen aus Mekka fliehen mußte. Mit diesem Jahr beginnen die Muslime ihre Zeitrechnung. Nach Mohammeds Tod im Jahre 632 wurden nach der Eroberung von Ysrien, Ägypten und Transkaukasien auch die Perser angegriffen und besiegt. Ziel der Eroberungen ist Transoxanien oder Mawaraannahr, das Land jenseits des Flusses Oxus (Amudarja). Die ersten Überfälle 670 bis 675 waren Raubzüge. Erst 681 schlugen sie zum erstenmal ihr Winterlager am östlichen Ufer des Amurdarja auf. Der mächtigste Mann der Region, mit ihm ist die Islamisierung der Gegend verbunden, war Qutaiba Ibn Muslim. Er erbaute in Buchara, Samarkand und anderen Städten Moscheen. Mit seiner Ermordung im Jahre 715 begann das Ende des arabischen Vormarsches. 758 beschlossen die Araber, die gesamte Bevölkerung zum Islam zu bekehren. Das hatte einen allgemeinen Aufstand zur Folge, und nur Samarkand blieb in arabischen Händen. Auch zwanzig Jahre später kam es zu erneuten Aufständen, die die Chinesen für sich zu nutzen versuchten. Sie drangen 748 nach Fergana ein, wurden aber 751 von dem arabischen Befehlshaber Sijad Ibn Salih geschlagen. Während der nächsten tausend Jahre unternahmen die Chinesen keinen Versuch mehr, nach West-Turkestan einzudringen.

Die Samaniden

»Ich betrat ein Haus mit vielen Zimmern. In jedem Raum gab es Bücherkisten, eine war über die andere gehäuft. In einer Kammer waren arabische Bücher und Bücher zur Poesie, in einer anderen juristische Werke, und in jeder Kammer Bücher zu anderen Wissenschaften. Ich sah Bücher, deren Namen den meisten Menschen unbekannt sind, ich habe nie eine solche Sammlung von Büchern gesehen. Ich las diese Bücher, lernte aus ihnen und erkannte die relative Bedeutung eines jeden Menschen in seiner Wissenschaft.« Dies schrieb im Jahre 997 der siebzehnjährige Ibn Siena (Avicenna) voller Bewunderung, als er die samanidische Hofbibliothek gesehen hatte. Mit den Samaniden begann am Ende des 9. Jahrhunderts ein goldenes Zeitalter für die Künste. Nach den starken Umbrüchen trat eine Zeit der Ruhe ein, die Völker hatten den Islam angenommen, und das kulturelle Erbe der persischen Reiche beeinflußte auch die arabischen Eroberer. Als Stammvater der Dynastie gilt Saman, ein Adeliger aus Balch, der ein Nachkomme der Sassaniden gewesen sein soll. Ihm gelang es, mit Hilfe seiner Söhne, ein Reich das Mittelasien, Nordafghanistan und den Ostiran umfaßte, zu gründen. Das Samanidenreich blühte auf, ihre Paläste waren prunkvoll mit Edelmetallen und Edelsteinen ausgestattet, sie hatten Handelsbeziehungen von China und Indien bis nach Vorderasien und Europa. Aber auch ihr Reich zerbrach an Erbstreitigkeiten und dem Vordringen neuer Steppenvölker. Ab 992 fielen von Nordosten die Karachaniden in das Reich ein, und aus dem Südosten drangen die Ghasnewiden vor. Aber ihre Herrschaft währt nicht lange, denn Dschingis Chan ist auf dem Vormarsch.


Die Mongolen

Mehrere Nomadenstämme, die das Steppengebiet nördlich und nordöstlich der Wüste Gobi bewohnten, schlossen sich im zwölften Jahrhundert enger zusammen. Auf einer großen Versammlung aller Turk-Mongolen ließ sich 1206 ihr Führer Temudschin, besser bekannt unter seinem späteren Namen Dschingis Chan, als Kaiser oder Groß-Chan ausrufen. Die Mongolei war damit geeint, und die Mongolen begannen China zu erobern. 1215 wurde Peking ausgeplündert und niedergebrannt. Im 12. und 13. Jahrhundert konnte sich auch Choresmien, mit der Hauptstadt Konya-Urgensh, im heutigen Turkmenistan gelegen, zu einem großen Staat entwickeln. Kurzzeitig konnten die Nomadenvölker unterworfen werden und Persien, sowie das Gebiet des heutigen Aserbaidschan erobert werden. Dann geschah 1218 die Katastrophe von Otrar. In diesem Jahr entsandte Dschingis Chan eine große Karawane in das Gebiet seines mächtigen choresnischen Nachbarn Mohammed II. Fünfhundert schwerbeladene Lastkamele mit erlesenen Kostbarkeiten, darunter aus China geraubtes Porzellan, Glas, Seide, vergoldete Götterstatuen, Edelsteine und Pelze, machten sich mit vierhundertundfünfzig Begleitern auf den Weg zu den Märkten von Samarkand, Buchara und Jrganch. Die Karawane hatte nicht nur kommerzielle Interessen, vielmehr sollte die eigene Stärke demonstriert werden und die politische Situation in Choresmien abgetastet werden. Heute würde man das Spionage nennen. Alles verlief zunächst gut. Die ganze Fracht wurde verkauft, anderes dafür erworben. Aber auf dem Rückweg ließ der Kommandant der Grenzstadt Otrar die gesamte Begleitmannschaft der mongolischen Karawane niedermetzeln - ob aus Geldgier oder weil er von der Spionage erfahren hatte, blieb unbekannt. Nur ein einziger Kameltreiber konnte dem Massaker entkommen und die furchtbare Nachricht den Mongolen überbringen. Dschingis Chan forderte eine Entschuldigung von Mohammed II. Der jedoch entschuldigte sich nicht, sondern ließ Dschingis Chan die Ermordung seines in die choresmische Hauptstadt entsandten Botschafters melden. Die Rache des Chans war grausam. 1219 versammelte sich ein mongolisches Heer, bestehend aus 150000 bis 200000 Mann am oberen Irtysch, -und der Sturm gegen Buchara brauste los. Ohne nennenswerte Abwehr ergab sich die Stadt. Die Eroberer trieben einen Teil der Einwohner zur Stadt hinaus, Greise, alte Frauen, Gebrechliche, Kranke wurden niedergemetzelt, die jungen Männer kamen in Gefangenschaft, alle anderen auf die Sklavenmärkte. Handwerker, Schreibkundige und Künstler wurden in die Mongolei verschleppt - eine gängige Praxis, der sich auch die nachfolgenden Herrscher bedienen werden. Auch Samarkand blieb nicht verschont. Nur wenige Tage dauerte die Belagerung, bei der die Mongolen mit ihren von chinesischen Ingenieuren konstruierten Wurfmaschinen auf die Stadtmauern schossen. Brandpfeile und Wurfgeschosse mit bis zu achtzig Metern Reichweite, gefüllt mit entzündlichen Flüssigkeiten, hatten einen Teil der Stadt bereits in Brand gesteckt, als sich Samarkand, dessen Mauern und Türme als unbezwingbar galten, nach erbittertem , Widerstand ergab. Im Jahre 1221 war mit der Einnahme Choresmiens die Eroberung Mittelasiens durch die Mongolen abgeschlossen. Das ganze Land lag in Trümmern, in den Städten blieben sechs Millionen Tote zurück. »Seit der Erschaffung der Welt gab es für die Menschheit keine entsetzlichere Katastrophe, und bis zum Ende der Welt und bis zum jüngsten Gericht wird es ihresgleichen nicht geben.«, schrieb der zeitgenössische Historiker Ibn al-Assyr über den Mongolensturm.


Die Timuriden

1370 beginnt mit Timur Lenk (auch Tamerlan genannt) die Zeit der Timuriden in Mittelasien. Timur, einer der größten und verheerendsten Eroberer der Geschichte wurde 1336 bei Shahrisabz geboren. Sein Vater war ein türkischer Emir und frommer Moslem. In seiner Jugend war er Führer einer Gruppe von Aben- teurern die sich eigentlich nicht von einer Gruppe Banditen unterschied. Aber er machte sich in dieser Zeit einen Namen als wagemutiger, einfallsreicher und intelligenter Führer. Wahrscheinlich hat er sich in dieser Zeit eine Verletzung am Bein zugezogen, die ihm den Beinamen Lenk, der Lahme, gab. Gegen 1369/70 war Timur Herrscher über Mawaraannahr (Transoxanien), das er zum Zentrum seines Reiches machte. Es liegt die Vermutung nahe, daß Timur danach strebte, das Reich Dschingis Chans - gerne betonte er seine (allerdings weit entfernte) Verwandtschaft zum einstigen Mongolenherrscher - wiederzuerrichten. Seine Methoden der Kriegsführung und seine Nomadentruppen glichen denn auch mehr einem mongolischen Chan als einem islamischen Herrscher. Timur eroberte mit unglaublicher Grausamkeit ein Weltreich, das über den Euphrat hinausging, den Kaukasus und den Iran beinhaltete und auch über den Indus hinausreichte. Die Vasallengebiete dieses Riesenreiches lagen im Gebiet der Goldenen Horde zwischen Don und Wolga, und auch Teile des osmanischen Reiches waren von den Timuriden abhängig. Nach Timurs Tod brach sein riesiges, aber ungefestigtes Reich zusammen. Seine vier Söhne und die Verwandten zerstritten sich rasch und kämpften gegeneinander um die Macht. Statthalter entlegener Provinzen erklärten sich kurzerhand für unabhängig. Das Reich war nur in seinem Kern erhalten geblieben. Den Süden regierte von Herat aus Timurs jüngster Sohn Scharuch von 1407 bis 1447; in Transoxanien, mit dem Zentrum Samarkand, regierte Scharuchs Sohn Ulug'bek als Vizekönig seines Vaters von 1409 bis 1449. Während ihrer Regierungszeiten herrschte eine Zeit der Stabilität und kulturellen Blüte. Nach der Ermordung Ulug'beks durch seinen eigenen Sohn setzte sich der Zerfall des Reiches fort.


Die Zeit der Usbeken beginnt

Erst um 1500 begannen die eigentlichen Usbeken, die Geschichte der Region des heutigen Usbekistan zu prägen. Auch sie waren ein Nomadenvolk, das aus der Steppe kam. Benannt wurden sie nach Usbek (1312-1340), einem Chan der Goldenen Horde. Der Chan Muhammad Schaibani, ein Nachfahre Dschingis Chans, besetzte Buchara und Samarkand und erklärte sich zum Herrscher von Transoxanien. Buchara wurde seine Hauptstadt, und kurze Zeit später eroberte er auch Herat - damit waren Timurs Nachfolger endgültig geschlagen. Das Usbekenreich erwies sich wirtschaftlich nicht als lebensfähig, und kein Chan schaffte es, es wieder in Schwung zu bringen. Es gab zu viele Handwerker ohne Arbeit, und es war nicht genügend Geld vorhanden, um die Bewässerungsanlagen zu erhalten. Logische Folge waren die geringeren Erträge der Landwirtschaft und damit auch geringere Staatseinnahmen, was wiederum zu Inflation und erhöhten Steuern führte. Mehrere Kriege, vor allem mit Babur, einem Timuriden, der versuchte, wieder an die Macht zu kommen, letztlich nach Indien floh und dort die Mogul-Dynastie begründete, schwächten die Position der Usbeken. Dennoch herrschte die Dynastie der Schaibaniden bis 1599, ihre Hauptstädte waren abwechselnd Samarkand und Buchara. Auch Taschkent wurde von Angehörigen der Dynastie beherrscht. Ein anderer Zweig der Familie setzte sich in Choresm fest und gründete dort einen Staat, das spätere Chanat von Chiwa, in dem die Schaibaniden bis 1920 regierten. Im 18. Jahrhundert gründete wiederum ein anderer Zweig der Familie das Chanat von Kokand, nachdem der örtliche Herrscher aus Fergana vertrieben worden war. Bis 1876 existierte das Chanat als selbständiger Staat. Das ganze 18. Jahrhundert hindurch und bis ins 20. Jahrhundert hinein bestimmten das Emirat Buchara und die Chanate Chiwa und Kokand die politische Struktur des Landes.


Unter russischer und sowjetischer Herrschaft

Nachdem Peter der Große und Katharina die Große Rußland als imperiale Großmacht konstituiert hatten, fiel der Blick der russischen Kolonialexpansion auf Mittelasien. Der Handel wurde intensiviert, auf den Basaren konnten russische Waren gekauft werden, und die alte nördliche Route der Seidenstraße vom Unterlauf des Amudarja zur Wolga lebte wieder auf. Damals begann die Zeit der Kolonien, in welcher die großen Reiche ihre Einflußsphären absteckten. Großbritannien hatte bereits Indien erobert und blickte nun über Afghanistan auch nach Turkestan. Zwischen Rußland und Großbritannien begann das >Great Game<, das Taktieren um Einflußgebiete, das sich letztlich sogar noch im Afghanistankrieg fortgesetzt hat und auch heute noch nicht beendet scheint. 1865 eroberten die Russen Taschkent und schufen das Generalgouvernement Turkestan. 1868 nahmen sie Samarkand ein, und der Emir von Buchara unterstellte sich der Oberhoheit des russischen Zaren. Im Laufe von fünf Jahren wurden auch Kokand und Chiwa eingenommen. Mit der Eroberung der Oase Merw im Jahre 1884 war die Eroberung des ganzen Gebietes abgeschlossen. Im Jahre 1917 kam die Revolution auch nach Turkestan, und in Buchara wurden erste Sowjets gegründet. 1920 wurden der Emir von Buchara und der Chan von Chiwa verjagt und die > Volksrepublik Buchara< und die >Volksrepublik Choresm< ausgerufen. 1924 gründete sich auf Anraten des Volkskommissars für Nationalitätenfragen, Jossif Stalin, eine Usbekische Unionsrepublik, die bewußt andere Grenzen hatte als die hier vorher existierenden Chanate, denn nichts mehr sollte an die alten Zeiten erinnern.

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